Für Industrie, Handel und Gewerbe von großer Bedeutung und für diese unentbehrlich, wie der Uhr die Triebfeder, sind die Bankgeschäfte. Die Geschichte und Entwicklung der Döbelner Bank ist mit der Entwicklung unserer Stadt aufs innigste verbunden. Die Döbelner Bank wurde anfangs des Jahres 1862 auf Anregung des Gewerbevereins und aus dem Bedürfnisse des Gewerbes heraus als Vorschußbank unter der Firma Spar und Darlehensverein gegründet. Nach der Wahl des Vorstandes, des Buchhändlers Carl Schmidt (Direktor), Kaufmanns Bruno Meyer (Kassierer), amtlichen Sekretärs Benj. Fickert (Kontrolleur) und mehrerer Ausschussmitglieder konnte der Verein mit 166 Mitgliedern und einem eingezahlten Stammkapital von 1901 Talern 25 Neugroschen am 1. Juli 1862 seine Wirksamkeit beginnen. Die Abfertigung der Kunden erfolgte vorerst nur Montags und Donnerstags mittags in der im 1. Stockwerk gelegenen Wohnung des Kassierers Bruno Meyer Ritterstraße (jetzt Paul Richters Kolonialwarenhandlung). Die Geschäfte und die Mitglieder des Vereins mehrten sich aber schnell, so daß 1805 ein eigenes Lokal im Erdgeschoß des dem Gürtlermeister Clemen gehörigen Hauses in der Rkitterstraße (jetzt Blumenladen von Mähler) gemietet und alltäglich expediert wurde. Im Jahre 1867 wurde schon ein eigener Kassierer angestellt, Heinrich Greulich aus Roßwein, der 1869 nach Inkrafttreten des Genossenschaftsgesetzes zum Direktor befördert wurde. Als Kassierer wählte man Hermann Altmann aus Connewitz, als Vorsitzenden des Aufsichtsrates den Hauptkollekteur Hugo Nitzsche. Im Jahre 1872 wurde das Geschäftslokal nach dem Hause Marktstraße 1 (jetzt Kühnau) verlegt. Im Jahre 1878 kam infolge des Zusammenbruchs des Roßweiner Vorschußvereins und der enstandenen Furcht vor der Solidarhaft ein Rückschlag. Es wurde deshalb der auf den SchulzeDelitzsch'schen Grundsätzen der Selbsthilfe und solidarischen Haft seiner Mitglieder beruhende Verein in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, die am 1. Januar 1879 ihre Tätigkeit aufnahm. Das Aktienkapital betrug 153.000 Mark in Aktien zu 100 Mark, Vorsitzender des Aufsichtsrates wurde ZigarrenFabrikant Louis Otto, Direktor Heinrich Greulich, Kassierer Hermann Altmann (später Direktor). Nun entwickelte sich das Bankgeschäft von Jahr zu Jahr zusehends, und neun Mal mußte das Aktienkapital erhöht werden. Dieses beträgt seit 1897 2.500.000 Mark. Im Jahre 1886 wurde in Roßwein, 1890 auch in Waldheim eine Filiale, 1896 in Hartha eine Kassenstelle gegründet. Das Hauptgeschäft in Döbeln wurde 1886 vom Kühnauschen Hause nach dem Erdgeschoß des Dr. Gaudlitzschen Eckhauses am Obermarkt und 1892 in das von der Bank angekaufte Hausgrundstück des Hauptkollekteurs Hugo Nitzsche Ecke König und Zwingerstraße verlegt. Diesem Umzuge ins eigene Bankgebäude folgte 1893 die Verschmel zung des Vorschuß und DiskontoVereins (Direktor Wilh. Mohrmann) mit der Döbelner Bank. Am 24. Februar 1903 verstarb Direktor Altmann und im März 1903 wurde der stellvertretende Direktor Heinemann (seit 1892 Beamter der Bank) an seine Stelle gewählt. Vorsitzender des Aufsichtsrats ist zurzeit Kaufmann Richard Teubel in Döbeln, der Vorstand besteht aus dem Direktor Friedrich Heinemann, Vizedirektor Hermann Legel in Waldheim und Vizedirektor Otto Hölzer. Die Döbelner Bank und ihre Filialen beschäftigen jetzt zusammen 34 Beamte. Der Reservefonds der Bank beträgt 1.011.000 Mark, über 40% des Aktienkapitals, und bildet für die Bank eine weitere solide Grundlage. Die Umsätze der Döbelner Bank betrugen im Jahre 1912 254.220.689 Mark. Die Döbelner Bank und auch die Filialen in Roßwein und Hartha besitzen heute je eine nach den neuesten Erfahrungen erbaute Feuer und diebessichere Stahlkammer. Seit 2. April 1907 besteht hier noch ein zweites Bankgeschäft, die Döbelner Filiale der Geringswalder Bank, deren Leiter der stellvertretende Direktor Otto Drechsler ist. Die Geringswalder Bank ist am 17. März 1860 in Geringswalde als Genossenschaft in kleinem Maßstabe gegründet worden und hat sich aus bescheidensten Anfängen ganz allmählich entwickelt. Im Jahre 1889 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, aber erst vom Jahre 1895 ab trat eine lebhaftere Vorwärtsbewegung ein. Das Grundkapital betrug am Schlusse des Gründungsjahres 410 Taler, nach 25jährigem Bestehen ca. 12.000 Mark, nach 50jährigem Bestehen 1.000.000 Mark und ist bis heute auf 1.500.000 M erhöht worden. Die Bank unterhält außer in Döbeln z.Zt. noch in Frohburg, Geithain, Mittweida, Rochlitz und Roßwein Zweiganstalten. Die Döbelner Filiale der Geringswalder Bank erbaute sich im Jahre 1912 in bester Lage Döbelns, am Obermarkt gegenüber dem neuen Rathaus, ein stattliches Bankgebäude mit den neuesten Einrichtungen, Stahlkammern usw. das anfangs April 1913 in Benutzung genommen wurde.
H. Zscherpel erschienen in der Festschrift zum Heimatfest Döbeln vom 20. - 2. Juni 1914
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